Freitag, 25. Mai 2018

Der Fall Jens Söring: Söring Leaks (II)


In dem zweiten Teil dieser Serie geht es nochmals um das FBI- Profil. Jens Söring hatte bekanntlich lange Zeit behauptet, dass ihn dieses Profil entlasten würde und es ihm und seinem Verteidigerteam vorenthalten wurde. Eine erste Einschätzung zu diesem Thema kann hier nachgelesen werden: klick

Nun gibt es einige neue Entwicklungen, die ich gerne erörtern möchte. Auf einer Pressekonferenz (09.04.2018) wurde von Sheriff J.E. "Chip" Harding und dem pensionierten F.B.I. Mitarbeiter Stanley J. Lapekas das lange vermisste FBI- Profil präsentiert. 



Was bedeutet das für den Fall?

1. Juristisch gesehen, hilft das nun veröffentlichte Dokument Jens nicht weiter. Er hat bereits erfolglos eine Verfassungsklage eingereicht (diese lief von 1995- 2001 über mehrere Instanzen). Laut Gesetzt (A.E.D.P.A.- in etwas Verfassungsklage auf Grund von vorenthaltenen Beweismitteln) darf Jens aber keine zweite Verfassungsklage einreichen. 

2. Entlastet das FBI- Profil Jens tatsächlich?

Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass ein Profil zunächst nur eine Arbeitshypothese, also eine erste Einschätzung des Ermittlers darstellt. Dieser kam zu dem Schluss, dass der Täter (singular!) weiblich sei. Das wird daraus abgeleitet, dass die ermordete Nancy Haysom noch ihr Hauskleid trug, als sie ermordet wurde. Sulzbach nimmt also an, dass Frau Haysom in diesem Kleidungstück keinem Mann (also auch nicht Jens) die Tür geöffnet hätte. Aber lässt sich das so einfach behaupten? Was wenn Elizabeth Jens einfach ihre Haustürschlüssel gegeben hätte? Und können nicht doch beide zusammen am Tatort gewesen sein (Elizabeth ging vor, Jens folgte ihr)? Möglicherweise gibt es noch mehrere Erklärungsansätze, aber einen Kausalzusammenhang zwischen der Kleidung des Opfers und dem Täter kann ich bei bestem Willen nicht feststellen.

Interessanterweise widerspricht die Arbeitshypothese von Sulzbach auch der neusten Version der Geschehnisse, wie Jens sie erzählt. Demnach waren mehrere fremde Männer mit Elizabeth am Tatort und haben mit ihr die Morde verübt. Wie passt das zu dem Profil?  Zudem geht Sulzbach davon aus, dass der Täter die Opfer kannte. Das leitet er aus dem Massaker ab, was sich im Hause der Haysoms abgespielt hat. Aber diese Annahme passt nicht zu den Blutspuren: Die Blutgruppe (B) von Elizabeth findet sich nur einmal im Hause. Das passt nicht mit dem Tatort überein. Der Täter hat sich nachweislich verletzt (es wurde Blut einer Blutgruppe gefunden, die nicht den Opfern zuzuordnen ist). Zudem muss man davon ausgehen, dass sich ein Täter bei einem Doppelmord den er mit einem Messer begeht, auch selber verletzt, da sich die Opfer wehren).

Entscheidend scheint aber Folgendes zu sein: Das Profil hat, anders als beispielsweise in der Dokumentation „Das Versprechen“ dargestellt, gar nicht Elizabeth zum Gegenstand!

Wie wir wissen ist das o.g. Dokument an der entscheidenden Stelle bearbeitet worden. Der Name der Verdächtigen wurde gelöscht (siehe oben). Jetzt ist ein zweites Dokument aufgetaucht.




Hieraus geht hervor, dass nicht Elizabeth verdächtigt wurde die Morde verübt zu haben, sondern Mary, die Schwiegertochter der Haysoms. Zum Hintergrund muss man wissen, dass die besagte Mary von Elizabeth beschuldigt wurde, die Morde verübt zu haben und es zunächst einige Anhaltspunkte dafür gab, dass sie in die Morde verwickelt sein könnte. Mary wurde aber nach einer eingehenden Untersuchung entlastet.

Festzuhalten bleibt, dass das besagte Profil Jens nicht entlastet. Darüber hinaus zeigt der Umstand, dass Mary als verdächtige Person geführt wurde, aber wenig später als Täterin ausgeschlossen wurde, wie fehleranfällig solche Profile sind.