Freitag, 21. April 2017

Der Fall Jens Söring: Rekonstruktion der Ereignisse I


Nach meinem Empfinden spricht die Gesamtschau der im Blog aufgezeigten Sachverhalte unzweideutig für eine Täterschaft von Jens Söring. Zu klären wäre demnach nur noch, ob Jens die Morde alleine begangen hat oder gemeinsam in Komplizenschaft mit Elizabeth. 

Eine dritte Variante, kann ich ausschließen, also dass eine oder mehrere unbeteiligte Personen an den Morden beteiligt war(en) und diese gemeinschaftlich mit Elizabeth ausgeführt haben. Diese Variante schließe ich deshalb aus, weil es einfach keinen Sinn macht, dass sich eine dritte unbeteiligte Person zu einem solch schrecklichen Mord hinreißen lässt. Welches Motiv soll diese Person gehabt haben? Auch sind die Blutspuren, die vor Ort gefunden wurden, nicht mit dieser Theorie in Einklang zu bringen. Zudem ist die Version der Geschehnisse, wie Jens sie erzählt einfach zu unglaubhaft: Welcher Mensch würde tatsächlich einen Doppelmord für seine Geliebte auf sich nehmen? Wie realistisch ist es, niemals mit Elizabeth über diese Tat zu sprechen? Wer würde alles wofür er bislang in seinem Leben gearbeitet hat, einfach links liegen lassen (beispielsweise das Stipendium)? Wer würde mit einer Mörderin, die einen Komplizen gehabt haben muss, ins Ausland fliehen? Zudem wiegt die unglaubwürdige Version von Jens in Bezug auf die Ereignisse in Washington schwer (klick). Das alles passt nicht zusammen. Schließlich hat Jens ein kristallklares Motiv: Seine Besessenheit von Elizabeth (verstärkt durch seine Geisteskrankheit) und den Hass auf ihre Eltern, da die Mutter von Elizabeth sie angabegemäß sexuell missbraucht hat. Letztlich wiegt auch das von Jens in den diversen Geständnissen offenbarte Täterwissen zu schwer, um es einfach vom Tisch zu wischen (klick).  

Nur der Vollständigkeit halber: Jens beschuldigt in der Dokumentation „Das Versprechen“ namentlich zwei Personen die Tat gemeinschaftlich mit Elizabeth begangen zu haben: Jim Farmer und Ned B. Jim Farmer kennen wir aus diesem Blog unter dem Namen Jeff Ranchero. Er soll der mutmaßliche Drogendealer von Elizabeth gewesen sein. Zudem soll sein Vater ein Richter in Bedford (oder einem angrenzenden Landkreis) gewesen sein. Ned B. wiederum, war ein Freund von Jeff Ranchero. Angeblich ist er die Person, die Tony Buchanan identifiziert hat (wie unglaubwürdig diese Geschichte ist, könnt ihr hier nachlesen). Jedenfalls können bei neutraler Betrachtung weder Jim Farmer noch Ned B. mit den Morden auch nur ansatzweise in Verbindung gebracht werden. Daher halte ich es absolut für vertretbar, diese Spur nicht weiter zu verfolgen.



Der wahrscheinliche Tathergang

Nach Auswertung vor vorliegenden Erkenntnisse ist es am wahrscheinlichsten, dass Jens die Morde alleine begangen hat, während Elizabeth in Washington weilte, um ein Alibi zu konstruieren. Für die alleinige Täterschaft von Jens, sprechen folgende Hinweise:

(i) In dem Tagebuch von Elizabeth haben die Ermittler eine Skizze von dem Kino gefunden. Somit ist es wahrscheinlicher, dass Elizabeth im Kino war.


 (ii) Elizabeth macht sich im Tagebuch sorgen, wegen der Fingerabdrücke die Jens am Tatort hinterlassen haben könnte. Sie sorgt sich also ausdrücklich nicht um ihre eigenen Fingerabdrücke.

 (iii) Der Lichtschalter im Masterbedroom, den Jens nicht gefunden hat um das Außenlicht des Hauses wieder auszuschalten. Wäre Elizabeth mit Jens im Haus gewesen, hätte sie es ausgeschaltet oder Jens den Hinweis gegeben, wo sich der Lichtschalter befindet. 

(iv) Die DNA- Spuren am Tatort weisen eher auf Jens als Täter hin. Blut von der Blutgruppe von Elizabeth wurden ja nur einmal vor Ort gefunden (im ersten Obergeschoss des Hauses), während das Blut von der Blutgruppe von Jens im ganzen Haus verteilt war.

Für die These, dass Elizabeth gemeinsam mit Jens am Tatort war, lassen sich hingegen nicht viele Hinweise finden. Es gibt lediglich eine Aussage der Nachbarin der Haysoms, die angeblich Elizabeth Tage nach der Tat gesehen haben will, wie sie ihren Fußabdruck mit dem vom Tatort vergleicht. Diese Aussage habe ich schon immer angezweifelt. Zum einen ist doch fraglich, ob die Vergleichsabdrücke überhaupt noch im Haus waren, denn die Polizei hatte ja Stücke des Teppichs herausgeschnitten um diese zu archivieren. Zum anderen muss sie ja einen sehr speziellen Blickwinkel gehabt haben, um zu sehen, was Elizabeth da treibt. Letztlich gab es einfach keinen Grund für Elizabeth die Abdrücke zu vergleichen. Wäre es wirklich ihr Abdruck gewesen, wüsste sie das ja. Wofür also der Vergleich?

Fraglich ist also nur noch, ob die Tat geplant war oder mehr oder weniger spontan von Washington aus gestartet wurde. Ich denke, dass die beiden zu einem nicht definierten Zeitpunkt in Washington den Entschluss gefasst haben, die Eltern von Elizabeth zu töten. Für diese eher spontane Variante spricht das dilettantische Alibi mit den Kinokarten. Der Briefverkehr zwischen den beiden ändert nicht viel: Der Wunsch die Eltern zu töten bestand demnach schon seit einiger Zeit (klick). Umgesetzt wurden diese Gedankengänge dann (spontan) im März 1985.