Donnerstag, 30. März 2017

Der Fall Jens Söring: Täterschaft (Teil 16: Nebenaspekte)


In dem heutigen Blog möchte ich einige Themen ansprechen die bedeutend sind, aber relativ kurz abgehandelt werden können und bei denen die Informationsdichte überschaubar ist. Somit macht es keinen Sinn, für jeden dieser Aspekte einen eigenen Blog zu erstellen.

1. Die Tatwaffe

Bei vielen Gewaltverbrechen kommt der Tatwaffe eine nicht unwesentliche Bedeutung zu. Sie kann auf viele Art Aufschluss über den Täter geben, beispielsweise durch gefundene Fingerabdrücke oder Schmauchspuren. Im Mordfall Haysom sieht das ein wenig anders aus: Es ist nur bekannt, dass ein Messer verwendet wurde. Die Mordwaffe wurde aber nie gefunden (vor Gericht wurde zwar ein Steakmesser als mutmaßliche Mordwaffe präsentiert, aber der Luminoltest viel negativ aus). Folglich hilft die Tatwaffe bei der Ermittlung des Täters nicht weiter. Interessant ist hierbei aber ein Nebenaspekt (siehe Aufzählungspunkt 2).


 2. Die Schnittwunde

Wie wir wissen, wurden die Haysoms mit einem Messer ermordet. Folglich besteht eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sich der Täter auch selber verletzt hat. Schließlich wurden gleich zwei Menschen ermordet und hierbei ist es zu einem Kampf gekommen.
Ein Zeuge hat vor Gericht ausgesagt, dass er bei der Beerdigung der Haysoms beobachtet hat, dass Jens Söring, der bei der Beerdigung zu gegen war, einen Verband an seiner Hand trug, der mutmaßlich eine Schnittwunde abdecken sollte (Quelle: United States Court of Appeals, Söring vs. Deeds, Urteil vom 30.06.2000). Ist das ein Zufall, oder liegt die Ursache für diese Verletzung tatsächlich bei den Morden?

Im Übrigen sei nochmals darauf verwiesen, dass von der Blutgruppe von Elizabeth lediglich eine kleine Blutspur im ersten Obergeschoß gefunden wurde. Wenn Elizabeth also die Täterin ist, warum gibt es von ihr faktisch keine Blutspur am Ort des Verbrechens? Hingegen wurden von Jens´ Blutgruppe gleich 5 Spuren in der Nähe der Leichname entdeckt. Diese konnten Jens zwar nicht zugewiesen werden, aber er scheidet eben auch nicht als Täter aus.

 3. Der Esstisch

Ausweislich der veröffentlichten Fotos vom Tatort und der frei zugänglichen Berichte, ist nicht erkennbar, ob der Esstisch der Haysoms am Abend der Morde für zwei oder drei Personen gedeckt war. Je nachdem, von welchem Winkel man die Szenerie betrachtet, kann man zu der einen oder anderen Schlussfolgerung kommen. Letztlich ist aber egal. Keine der beiden Varianten schließt Jens oder Elizabeth als Täter aus oder legt nahe, wer die Tat begangen hat. Nehmen wir beispielsweise an, dass sich Elizabeth zuvor bei ihren Eltern angekündigt hat. Der Tisch wird also für drei Personen gedeckt. Aber anstelle von Elizabeth fährt Jens zu dem elterlichen Haus von Elizabeth und bittet um Einlass. Was soll das dritte Gedeck nun aussagen? Oder nehmen wir an, dass der Tisch für zwei Personen gedeckt war. Möglich ist, dass Elizabeth im Haus ihrer Eltern war, sich aber einfach nicht angekündigt hat. Oder Jens war (natürlich ohne Vorankündigung) vor Ort und der Tisch war aus diesem Grunde nur für zwei Personen gedeckt.

Wie man die Sache auch dreht und wendet: Dieses Detail hilft uns nicht weiter, die Schuldfrage zu klären.

4. Die Geisteskrankheit von Jens Söring

Jens Söring wurde von zwei Ärzten unabhängig voneinander diagnostiziert, dass er zum Zeitpunkt der Morde geisteskrank war (Quelle: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Soering vs. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 7. Juli 1989). Konkret litt Jens unter einer induzierten wahnhaften Störung. Diese führt typischer Weise zur Übernahme der Wahnvorstellungen durch einen nahestehenden Partner (in diesem Fall wurden die Wahnvorstellungen von Elizabeth auf Jens übertragen). Es könnte also so gewesen sein, dass Jens die Hassgefühle gegenüber den Eltern von Elizabeth übernommen hat und hierdurch die Grenze zur physischen Gewalt überschritten hat.

Das ist aber recht spekulativ kann letztlich nur von einem Arzt oder Psychologen beurteilt werden. Somit möchte ich auch nicht weiter mutmaßen, ob und inwieweit diese Geisteskrankheit etwas über die Täterschaft aussagt. Ich denke aber, dass es fair ist, diese zumindest nicht unter den Teppich zu kehren. Schließlich weist Jens Söring oftmals darauf hin, dass Elizabeth zum Zeitpunkt der Morde an einer Borderline Störung litt (siehe hierzu auch Good vs. Evil).