Mittwoch, 16. November 2016

Der Fall Jens Söring: Täterschaft (Teil 11: Der Sockenabdruck)


Am Tatort wurden zwei blutige Sockenabdrücke gefunden (Beweisstücke LR 3 und LR5). Diese Abdrücke werden seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Um diesem Aspekt des Falls gerecht zu werden, sollte er meiner Meinung nach auf zwei Ebenen diskutiert werden. 
 
1. Ist der Sockenabdruck wirklich so entscheidend gewesen, wie von Jens Söring behautet wird?
2. Wie kompetent war der Sachverständige der vor Gericht ausgesagt hat?
 
(ad1)
Jens Söring und seiner Unterstützer behaupten gerne, dass der Sockenabdruck, zusammen mit dem angeblich falschen Geständnis, das ausschlaggebende Beweismittel für eine Verurteilung von Jens Söring gewesen ist. (Natürlich wird im nächsten Schritt dieses Beweisstück bzw. die Aussage des Sachverständigen zu diesem Beweisstück, herabgewürdigt (siehe hierzu: (ad 2)).
 
Tatsächlich ist es aber so gewesen, dass Jens Söring auf Grund einer langen Indizienkette verurteilt wurde. Hierzu gehören u.a der Sockenabdruck und das Geständnis. Aber eben auch eine Reihe anderer Indizien, die vor Gericht thematisiert wurden und hier alle im Blog besprochen werden. So hat auch der leitende Staatsanwalt Updike in einem Interview nach dem Urteilsspruch deutlich gemacht, dass Jens Söring auf Grundlage dieser langen Indizienkette verurteilt wurde (The Roanoke Times, 22.06.1990). 
 
Es kann somit ausgeschlossen werden, dass der Sockenabdruck das entscheidende Beweisstück gewesen ist.
 
 
(ad 2)

Vor Gericht hat die Anklage die Meinung vertreten, dass die blutigen Sockenabdrücke, die am Tatort gefunden wurden, sehr gut zu Jens Söring passen könnten. Dabei stützte sich die Anklage auf ein Gutachten des Gerichtsmediziners Dr. Robert Hallett. Jens hingegeben behauptet seit Jahren, dass der Sockenabdruck nicht zu ihm passen würde und dass der Gutachter ein Experte für „Reifenabdrücke“ war. Durch den Verweis auf die angebliche Tätigkeit als „Reifenabdruckexperte“ soll natürlich die Kompetenz von Dr. Robert Hallett in Frage gestellt werden. Zunächst muss festgestellt werden, dass diese Behauptung von Jens Söring niemals bewiesen wurde. Tatsächlich ist Dr. Hallet jahrelang beim FBI als Forensiker angestellt gewesen und er war keinesfalls ein Experte für „Reifenabdrücke“ ( Journal of the national association of document examiners, Volume 17, Number 1, Spring 1995).  

 
Bedeutsam ist weiterhin, dass der Sachverständige Dr. Hallet von der Staatsanwaltschaft berufen worden. Oftmals wird suggeriert, dass Dr. Hallet vom Gericht als sozusagen unabhängiger Sachverständiger bestellt war. Fraglos hätte die Verteidigung einen eigenen Experten berufen können, der die Aussage von Dr. Hallet anzweifelt und eine Gegenhypothese entwirft. Darauf hat die Verteidigung aber verzichtet. Alleine schon aus diesem Grund ist die Diffamierung von Dr. Hallet als „Reifenabdruckexperte“ unangebracht und wenig zielführend.   
 
Der Gerichtsmediziners Rick P. Johnson wiederum erstellte im Jahr 1985 unmittelbar nach den Morden einen Bericht, in dem bestimmte Spuren vom Tatort analysiert wurden. Interessant ist dabei vor allem die folgende Aussage:
“It should be noted that these foot impressions contain sufficient anatomical detail to be comparison value with the known foot impressios of suspects that may be developed in this case.“
Demnach sind die Abdrücke also durch aus dazu geeignet, durch einen Abgleich Rückschlüsse auf den Täter zu ziehen.
 
Im Jahr 1996 wurde der Sachverständige Frederick Webb von Jens Söring mit einer weiteren Untersuchung der Sockenabdrücke beauftragt. In diesem Bericht stellte Herr Webb fest, dass das Beweisstück LR 3 nicht genügend charakteristische, auf bestimmte Personen hinweisende Merkmale aufweist und somit nicht als Beweisstück taugt. Zudem weist Herr Webb ausdrücklich darauf hin, dass dieser Abdruck sogar so mangelhaft ist, dass nicht einmal auf die Schuhgröße geschlossen werden kann. Dass ist deshalb relevant, weil Jens ja gerade behauptet, dass der gefundene Abdruck (laut dem Gutachten aus dem Jahr 1985 Schuhgröße 5-6) zu klein sei, da er selber die Schuhgröße 8,5 habe.
 
Fazit: Wie es scheint bewerten die Experten den Sachverhalt unterschiedlich. Somit qualifiziere ich den Sockenabdruck als ein eher schwaches Indiz. Weder schließt es Jens als Täter aus, noch beweist es unzweifelhaft seine Täterschaft.