Dienstag, 13. März 2018

Der Fall Jens Söring: Antrag auf Bewährung abgelehnt

Im letzten Blogeintrag wurde der Antrag auf Begnadigung thematisiert, den Jens Söring im August 2016 gestellt hat. Eine Entscheidung über den Ausgang des Verfahrens ist bislang noch nicht gefallen. Allerdings hat der Gouverneur in dessen Amtszeit der Antrag gestellt wurde, Terry McAuliffe, entschieden, das Verfahren seinem Nachfolger Ralph Northam zu vererben (die Amtsübergabe erfolgte im Januar 2018). Theoretisch kann man da viel reininterpretieren: Wollte sich McAuliffe, von dem kolportiert wird, dass er ein möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2020 ist, an dem Fall nicht die Finger verbrennen? Oder bedeutet es einfach gar nichts? Ich denke, dass es schlicht und einfach so ist, dass die Anträge auf Begnadigung tatsächlich ihrer Reihenfolge nach abgearbeitet werden und die Zeit nicht mehr ausgereicht hat, um auch den Antrag von Jens zu bearbeiten.

Viel interessanter ist meiner Meinung nach, dass der Antrag auf Bewährung am 28.02.2018 erneut abgeschmettert wurde. Aus den offiziellen Gründen lässt sich nichts herauslesen, es sind lediglich Floskeln und Allgemeinsätze, die auf der Homepage des Bewährungsausschusses veröffentlicht werden. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob es bereits zu einer Vorentscheidung über den Antrag auf Begnadigung gekommen ist.

Aber worum geht es eigentlich bei den jeweiligen Anträgen?


Bei der Begnadigung steht explizit die Schuldfrage im Vordergrund. Es geht also darum, ob der verurteilte Straftäter durch die Einbringung neuer Beweise nachträglich nachweisen kann, dass er unschuldig ist.

Bei der Bewährung sind es (ähnlich wie in Deutschland) Themen wie Verhalten während der Haftzeit, potentielle Gefahren für die Allgemeinheit, Zukunftsperspektiven und der Gesundheitszustand des Inhaftierten. Eine Besonderheit des US- Justizsystems ist es, dass auch die Verwandten der Opfer zu Worte kommen und diese sich für oder gegen eine Entlassung aussprechen dürfen.

Man könnte also argumentieren, dass es trotz der Ablehnung des Antrages auf Bewährung zu einer Entlassung auf Begnadigung kommen könnte. Dies würde natürlich voraussetzen, dass die zuständigen Behörden, den Ausführungen von Jens und seinem Team Glauben schenken. Jens verbreitet über seine Kanäle, dass es einen „unumstößlichen wissenschaftlichen Beweis der absoluten Unschuld“ geben würde. In diesem Blog habe ich aber mehrfach aufgezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Vielmehr gibt es berechtigte Zweifel an der Darstellung von Jens. Zudem kann er so oder nie seine Unschuld beweisen, sondern lediglich Zweifel streuen, dass er schuldig ist. Denn bestenfalls kann er nachweisen, dass (auch) zwei andere Männer am Tatort waren. Juristisch betrachtet ist das kein Unschuldsbeweis.

Andererseits könnte man argumentieren, dass die Ablehnung des Antrages auf Bewährung doch ein Fingerzeig für den Antrag auf Begnadigung ist: 

- Jens hat alle Argumente und Beweise, mit dem er seinen Antrag auf Begnadigung begründet hat, auch beim Antrag auf Bewährung vorgetragen. Vermutlich in der Annahme, dass es doch, zumindest unterschwellig, einen Unterschied ausmacht, ob ein Mitglied des Ausschusses über einen zweifelsfrei Schuldigen urteilt oder eben über eine Person, die glaubhaft geltend machen kann, dass sie unschuldig ist.
- Der Antrag auf Bewährung hatte viel Rückenwind: Der ehemalige Bundespräsident Wulff und der amtierende deutsche Botschafter in den USA Peter Wittig, haben sich für eine Bewährung von Jens stark gemacht, weil sie an seine Unschuld glauben (Wulff und Wittig ging es also ausdrücklich um die Schuldfrage).
- Trudy Harris vom Bewährungsauschuss ist federführend damit beauftragt, den Bericht über Jens bzw. über seinen Antrag auf Begnadigung zu verfassen. Ist es tatsächlich denkbar, dass sie einen für Jens positiven Bericht verfasst, aber bei der Bewährung gegen Jens stimmt?

Unter dem Strich ist vieles möglich, aber ich denke durch die Entscheidung des Bewährungsausschusses ist zumindest eine kleine Vorentscheidung zu Ungunsten von Jens gefallen.

Wann Abschließend über den Antrag auf Begnadigung entschieden wird, kann ich nicht sagen. Der Bearbeitungsstaus ist aber seit einiger Zeit auf einer neuen Ebene angelangt. Spekulation: Eine Entscheidung dürfte daher in den nächsten 1-3 Monaten fallen.