Montag, 17. Oktober 2016

Der Fall Jens Söring: Einleitung


Der Doppelmord an dem Ehepaar Haysom beschäftigt die Gemüter seit rund 30 Jahren, beinhaltet er doch alle Zutaten eines fesselnden Kriminalfalles:

Am 30.03.1985 wurden William und Nancy Haysom in einem Vorort von Lynchburg, Virginia Opfer eines ebenso perfiden wie brutalen Mordes. Die mutmaßlichen Täter Jens Söring und  Elizabeth Haysom waren zunächst ein Liebespaar. Ausgestattet mit einem hochbegabten Stipendium, studierten beide an der örtlichen Universität. Er, der Nerd, ohne Erfahrungen mit Frauen, sie, eine betörende Schönheit die schon viel erlebt hatte. Als sich die Polizei ihnen näherte, gipfelten die Ereignisse in einer spektakulären Flucht ins Ausland. Später wurden sie von den Ereignissen der Mordnacht entzweit. Liebe und Besessenheit lösten sich in Verrat und Zwietracht auf.

Jens Söring wurde am 04.09.1990 nach einem Aufsehen erregenden Prozess wegen des Doppelmordes an den Haysoms zu zweimal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Wegen Anstiftung zum Mord („accessory to murder before the fact“) verurteilte das Gericht Elizabeth Haysom am 08.10.1987 zu 90 Jahren Gefängnis. Dessen ungeachtet ist bis heute ist nicht zweifelsfrei geklärt, wer diese Morde verübt hat.

So beteuert Jens Söring bis heute seine Unschuld. Er habe die Morde nicht begangen, sondern Elizabeth Haysom, in Komplizenschaft mit einer anderen, bisher unbekannten Person. Demnach sieht die Abfolge der Ereignisse nach Aussage von Jens Söring wie folgt aus:

In den frühen Morgenstunden des 31.03.1985, gesteht Elizabeth Haysom Jens Söring in Washington D.C., wo beide ein gemeinsames Wochenende verbringen, dass sie, entgegen einer früheren Darstellung, doch noch Drogen nähme und auf Grund von Schulden, die sie bei ihrem Dealer hätte, eine Drogenkurierfahrt nach Charlottesville unternehmen müsse. Zwecks Beschaffung eines Alibis, solle er zwei Kinokarten besorgen. Elizabeth Haysom kehrt erst spät in der Nacht ins Hotel zurück und erklärt, dass sie ihre Eltern ermordet habe. Jens Söring will die Schuld auf sich nehmen, um sie vor dem elektrischen Stuhl zu retten und weil er annimmt durch den Diplomatenstatus seines Vaters geschützt zu sein.


Elizabeth Haysom hingegen stellt Jens Söring weiterhin als den alleinigen Täter dar, denn sie habe Jens Söring lediglich zur Tat verleitet. Zur Tatzeit selber sei sie in Washington D.C. gewesen. 

Unbestritten ist, dass Jens Söring und Elizabeth Haysom an der Tat beteiligt waren. Es ist lediglich fraglich, welche Rolle sie in dem Mordfall Haysom gespielt haben. Theoretisch können Jens Söring und Elizabeth Haysom die Taten entweder alleine oder mit einem Komplizen begangen haben.

Die Staatsanwaltschaft vertrat vor Gericht die Theorie, dass Jens Söring die Tat alleine begangen habe. Gestützt wurde diese These zunächst durch die Geständnisse von Jens Söring, die er in England kurz nach seiner Verhaftung abgelegt hat. Auch Elizabeth Haysom stützt diese These. Vor Gericht sagte sie aus, dass sie in Washington auf Jens Söring gewartet hätte, während er nach Boonsboro fuhr um ihre Eltern zu töten. Um diese These zu stützen, brachte die Staatsanwaltschaft noch weitere Indizien vor Gericht ein, wie beispielsweise den Briefverkehr zwischen Jens Söring und Elizabeth Haysom, den Tisch im Hause Haysoms, der für drei Personen gedeckt war und den blutigen Sockenabdruck der am Tatort gefunden wurde und der nach der Aussage eines Sachverständigen zu Jens Söring passt.

Welche Version entspricht der Wahrheit?

Sinn und Zweck dieses Blogs soll nun sein, einen unaufgeregten und neutralen Beitrag zu verfassen, der alle möglichen Aspekte des Falles sachlich bewertet. Der Schwerpunkt dieses Blogs liegt in der Rekonstruktion der tatsächlichen Ereignisse bzw. in der Beantwortung der Frage, wer die Tat tatsächlich begangen hat. Alle anderen Aspekte des Falls, wie beispielsweise die gescheiterte Haftüberstellung von Jens Söring nach Deutschland, werden, soweit nicht unmittelbar relevant, nicht näher beleuchtet.


Als Quelle für diesen Blog dienen alle frei zugänglichen Quellen, also beispielsweise Ermittlungsakten, Sachverständigengutachten, Polizeiberichte, Zeugenaussagen, Presseberichte und Gerichtsurteile.